News 01.03.2022 | Paradiesgarten

Verletzlich

Foto: Dieter Härtl/Misereor © Dieter Haertl

Es sieht aus wie ein Fuss. Aber doch nicht ganz. Links sehe ich die Zehen- und Mittelfussknochen, ähnlich einer Hand. Aber das mittlere Bild? Ein wildes Durcheinander von Linien, die in sich betrachtet nichts Ganzes ergeben, schon gar nicht den Teil eines Fusses.

Es ist ein Fuss. Aber das Bild eines Fusses, das mich verstört.

Das ist wohl die Absicht der chilenischen Künstlerin Lilian Moreno Sánchez: Ihrem Bild liegt das Röntgenbild eines zerstörten Fusses zu Grunde. Der Fuss eines Mannes, der bei einer Demonstration verletzt wurde.

Ich stelle mir vor, dass es lange Zeit gebraucht hat, bis diese Verletzungen verheilt waren. Vielleicht schmerzt das Gehen noch immer und er hinkt. Es sind Narben, Verknotungen, Risse, geblieben - für sein ganzes Leben.

Auch Verletzungen, die durch Bombenangriffe entstehen, hinterlassen Zerstörung. Auch Verletzungen, die durch wirtschaftliche Sanktionen entstehen. Oder Verletzungen, die durch Ausbeutung entstehen, durch Egoismus und grenzenlosen Konsum. Und es ist wie beim Fuss: Wenn ein Teil verletzt oder zerstört ist, leidet der ganze Fuss, ja der ganze Körper. Wenn Krieg in der Ukraine herrscht oder Inselstaaten im Südpazifik überflutet werden, dann hat das auch etwas mit uns hier in der Schweiz zu tun. «Wenn ein Körperteil leidet, leiden alle anderen mit», heisst es in der Bibel (1 Kor 12, 26).

Wir sind dieser Zerstörung und dem Leiden nicht machtlos ausgeliefert. Wir können uns an das Bild aus dem Brief an die Gemeinde in Korinth halten: Jedes Glied eines Körpers hat seine Aufgabe. Jeder Mensch hat bestimmte Fähigkeiten und Möglichkeiten. Wir können diese nutzen, um als Teil eines grossen Ganzen unseren Beitrag zu leisten für das Wohl in dieser Welt.

 

 

Weitere spirituelle Anregungen

Die spirituellen Anregungen des «Paradiesgartens» im März 2022 wurden gepflanzt von Silvia Huber, Theologiebeauftragte des SKF Schweizerischer Katholischer Frauenbund.

  • Das Bild von Lilian Moreno Sànchez hängt während der Fastenzeit als «Hungertuch» in vielen Kirchen. Es gibt dazu ein Meditationsbüchlein mit Texten von Felix Klingenbeck, das in den Kirchen aufliegt. Die Fotografie ist von Dieter Härtl/Misereor
  • Der biblische Text aus dem Buch an die Gemeinde Korinth lässt sich einfach lesen und ist zu finden unter «1. Brief an die Gemeinde in Korinth, Kapitel 12, Verse 12 – 30»

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